Über Luxus nachdenken zu können, ist ein tolles Privileg.
Text: Michel Bloch
Exzellenz als Leitmotiv
Luxus ist mehr als Markenprestige. Wahrer Luxus zeichnet sich durch ein ständiges Streben nach Perfektion bis ins kleinste Detail aus. Nehmen wir an, Sie bestellen sich einen Tee in der Bar eines schönen Hotels. Der Luxus beginnt mit der zur Verfügung stehenden Auswahl (schwarze, grüne und weisse Teesorten) und der Fähigkeit des Kellners, Sie wie ein Sommelier für Wein zu beraten. Natürlich erwarten Sie, dass das edle Aufgussgetränk mit der richtigen Temperatur serviert wird. Bei 90 Grad heissem Wasser verbrennen die zarten Blätter des Grüntees. Werden für den gewünschten Schwarztee einfach 50 g Teeblätter in das Kännchen gegeben (schliesslich bezahlt der Kunde ja einiges dafür …), wird das Ergebnis ungeniessbar sein. Kredenzt wird Ihr Tee mit Biskuits und Schokolade. Aber bitte nicht mit einer Mini-Schokolade von Standardqualität, sei es Milch- oder dunkle Schokolade, die Ihnen, ohne sich für Ihre Präferenzen zu interessieren, hingelegt wird. Auch ein Biskuit vom Typ «Hundeleckerli» wäre ein Frevel (unsere vierbeinigen Freunde haben übrigens auch Besseres verdient …). Luxus zeigt sich in der Qualität eines Service, der von professionellem, bestens ausgebildetem Personal erbracht wird, das mit Freude bei der Sache und bestrebt ist, Ihre Bedürfnisse und Erwartungen herauszufinden oder gar vorwegzunehmen. Über den Preis allein ist die Welt des Luxus nicht zugänglich.
Neuinterpretation von Luxus
Einige Modelle bedürfen einer Erneuerung oder zumindest einer «Entstaubung». Der Verfasser dieses Artikels hat kürzlich in einem bekannten Restaurant gegessen. Dabei erwies sich das ausgewählte sogenannte «Signature-Gericht» als echte «Fälschung», so mittelmässig war es. Und der recht geltungsbedürftig und versnobter als die versnobtesten seiner Kunden auftretende Kellner erklärte, dass die Teller vom Küchenchef angerichtet und dekoriert worden seien (der sich besser auf den Inhalt konzentriert hätte) und das (fast rohe) Gemüse aus dem Gemüsegarten des Küchenchefs stamme (was man nicht so recht glauben mochte). Alles war irgendwie vom Küchenchef … Als Gast hätte ich mir jedoch gewünscht, man hätte über mich und meine geschmacklichen Vorlieben und nicht so viel über den Küchenchef gesprochen. Noch dazu wäre vom reduzierten Tellerinhalt – von besagtem Küchenchef nach Art der Nouvelle Cuisine von vor 30 Jahren zubereitet – nicht einmal ein Kleinkind satt geworden. Allein der Preis war nicht reduziert! Das «neu interpretierte» Dessert war schliesslich so peinlich, dass wir gar nicht darüber sprechen möchten. Wahrscheinlich war schon die erste Interpretation nicht der Rede wert! Luxus, und zwar wahrer Luxus, bietet schöne, nahezu perfekte Erlebnisse, die lange in Erinnerung bleiben.