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Mini-Transat – Den Hunger noch lange nicht gestillt

von Walter Rudin

Text: Walter Rudin

Der Aargauer Felix Oberle hat mit seinem hervorragenden 4. Platz an der Mini-Transat überrascht. Für ihn selbst war dieses Ergebnis die Bestätigung, dass er auf dem richtigen Weg ist. Diesen will er jetzt fortsetzen.

Obwohl der kleine Felix schon in ein Segelboot gesetzt wurde, bevor er richtig laufen konnte, nahm seine Laufbahn nicht den Weg, den die meisten Spitzensegler gegangen sind: kein Opti-Training, kein Clubsegeln und keine Juniorenregatten. Für ihn war das Segelboot ein Bewegungsmittel zur Erkundung neuer Orte. Die ersten Jahre unternahm er Solo-Touren auf dem See, später, als er auf Törns die nötigen Meilen für den Hochseeschein sammelte, entdeckte er verschiedene europäische Länder. Sportliche Herausforderung suchte er in der Leichtathletik, beim Handball, Volleyball oder Skateboarden.

Die ersten Segelregatten bestritt Felix Oberle erst als Student an der EPFL, wo er Maschinenbau studierte. Dort schloss er sich dem LUC (Lausanne Universités Club Voile) und dem Club Nautique Morgien an und lernte schnell, zuerst auf der Surprise, danach auf der M2-Speedtour. Von einem Mini-Projekt hatte er schon als Jugendlicher geträumt, mit 25 Jahren wollte er Nägel mit Köpfen machen, musste sein Vorhaben aber mangels Sponsoren verschieben.

MITTE FEBRUAR HAT FELIX OBERLE (LINKS) SEINE MAXI 650 AN JOSHUA SCHOPFER ÜBERGEBEN.

Hart erarbeitet

Erst mit 30 Jahren konnte er mit seinen Ersparnissen endlich einen neuen Scow-Bug Maxi 6.50 kaufen, den er nach Morges brachte, um in der Baie des Dieux seine ersten Runden zu ziehen. Er rüstete seine Mingulay komplett aus, schloss sich dann Ende 2021 dem Trainingspool Lorient Grand Large an und zog nach Frankreich. Felix ist noch heute überzeugt, dass er sich damals richtig entschieden hat: «Lorient ist das Mekka des Offshore-Segelns. Hier gibt es eine super Struktur, die hilft, ein solches Projekt erfolgreich durchzuziehen. Alle technischen Läden befinden sich in Gehdistanz, wir haben die besten Trainer und die Boote sind auf dem Trailer und können auf Abruf eingewassert werden. Ich hatte auch eine super Beziehung zum Trainer. Und das Meer vor Lorient mit den Strömungen und Windbedingungen ist ideal.» Hier hat er seine ganze Zeit fürs Training investiert. Im Januar segelte er manchmal vier bis fünf Tage die Woche bei fünf Grad!

Wer sich gegen den klassischen Lebensweg entscheidet, muss Opfer bringen. Die meisten müssen ohne Zuhause, ohne geregeltes Einkom- men und ohne Freunde und Familie auskommen. Für Felix Oberle ist die Zeit in Lorient nicht immer einfach: «Ich sehe meine Freunde und Familie aus der Schweiz vielleicht dreibis viermal im Jahr und hatte noch nie eine eigene Wohnung. Doch diese Opfer sind vergessen, sobald ich auf dem Wasser bin. Auf dem Meer fühle ichmich wunderbar und spüre, dass ich am richtigen Ort bin.» Durch sein Erspartes, einen Sponsor und ein paar Leute, die ihn unterstützen, hat der Transat-Novize immerhin ein finanzielles Polster, um das Projekt unter guten Bedingungen durchzuführen.

EIN KINDHEITSTRAUM ERFÜLLT: OBERLE, HIER KURZ NACH DEM START ZUR MINI-TRANSAT

Erfolg erwartet

Sein grosser Erfolg an der Mini-Transat bestätigt, dass er alles richtig gemacht hat. Mit seiner überragenden Leistung hat es der 30-Jährige als fünfter Schweizer geschafft, die Mini-Transat in den Top 5 zu beenden. So überraschend war sein 4. Platz für ihn selbst nicht: «Ich habe bei der ersten Etappe relativ schnell gemerkt, dass ich vorne mitfahren kann. Es war das Ergebnis harter Arbeit. Ich hatte mir von Anfang an das Ziel gesetzt, sportlich das Beste zu erreichen. Dazu gehörte die optimale Vorbereitung auf allen Ebenen, nicht nur seglerisch, physisch und mental, sondern auch in Sachen Wetterkunde, Schlaftraining und Umgang mit dem Essen.»

Vor der Mini-Transat war Felix Oberle ein praktisch unbeschriebenes Blatt. Nach seinem hervorragenden Abschneiden freute er sich über das positive Echo in der Segelszene und die super Feedbacks aus dem Bekanntenkreis. Einen riesigen Medienrummel blieb in der Deutschschweiz aber aus. Obwohl das Offshore-Segeln hier noch nicht so bekannt ist, hofft er, doch auch einige Sponsoren aus der Deutschschweiz von den Werten des Offshore-Segelns überzeugen zu können. Er wolle sich viel mehr Zeit nehmen für die Suche nach Sponsoren und deren Pflege, sagt er. Wenn er über das Jahr 2024 hinaus in der Szene bleiben will, ist er darauf angewiesen.

Mini-Transat 2025 im Visier

Felix Oberle kann sich seine Zukunft nur noch segelnd vorstellen. Im vergangenen Januar ist seine Mingulay mit einem Frachter über den Atlantik zurückgekommen. Er hat sie jetzt dem Genfer Joshua Schopfer übergeben, der damit die Mini-Transat 2025 bestreiten wird. Das heisst aber keineswegs, dass die Transat für Felix kein Thema mehr ist. 2025 willer wieder dabei sein, allerdings nicht mehr mit einem Serienboot, sondern mit einem Prototyp.

Der Umstieg wurde bereits Anfang Februar Tatsache. Er konnte das Siegerboot der beiden Mini-Transat-Ausgaben 2021 und 2023 übernehmen. Mit dem von David Raison gezeichneten Proto mit Schwertern hatte sich Federico Waksman letzten Herbst gegen zwei Boote mit Foils durchgesetzt. Felix will damit dieses Jahr an der Les Sables – Les Açores teilnehmen. Am 19. Juli fällt in Les Sables d’Olonne der Startschuss. Und falls die Sponsorensuche Erfolg hat, möchte er mit demselben Proto auch an der Mini-Transat 2025 starten. Sein grosser Erfolg vom vergangenen Herbst wird ihm sicher einige Türen öffnen.

Für die weitere Zukunft hegt er einen grossen Traum: «Ich will einmal einen Albatros vom Segelschiff aus sehen. Ob im Rennmodus oder als Abenteuer steht noch in den Sternen.» Die grossen Seevögel sind bekanntlich in der Südsee anzutreffen. Ob er da an eine Weltumseglung denkt?

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