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Die Kykladen mit der Familie – Griechenland in der Nebensaison

von Camille Gonzales

Die Luft ist noch immer 25 bis 30 Grad warm, der Meltemi hat sich gelegt und es gibt praktisch keine Touristen mehr. Ausserdem haben die blaue Ägäis und die Häuser der Kykladen auch im Spätherbst nichts von ihrem Zauber eingebüsst. In der Sunsail-Basis von Athen wartet unser Zuhause für die kommende Woche: die komfortable Oceanis 46.1 Unpectable – die Unbesiegbare.

Text : Camille Gonzales 

Fotos : Yoann Lelievre

Unsere Crew besteht aus zwei kleinen Schiffsjungen im Alter von 3 und 7 Jahren und uns, ihren Eltern. Wir sind bereits am Vortag in Athen angekommen, damit uns noch Zeit bleibt für eine Stippvisite. Unser Grosser ist fasziniert vom alten Griechenland, «seit ich klein bin», sagt er. Begeistert besuchen wir das Akropolis-Museum und schlendern durch die Stadtvier- tel Plaka und Anafiotika am Fusse des wohl berühmtesten Monuments der griechischen Antike. Ihre schmalen Gassen und leuchtenden Farben stimmen uns auf unsere Reise durch die Kykladen ein.

Am nächsten Tag beziehen wir unsere Jacht. Der letzte Wettercheck gibt uns grünes Licht. Wir können wie geplant in einem langen Schlag die 40 Seemeilen bis zur Insel Kythnos und ihren reizvollen Ankerplätzen Ormos Kolona und Ormos Fikiadha zurücklegen. Die beiden tief eingeschnittenen Buchten sind durch einen feinen Sandstreifen voneinander getrennt und bestens vor allen Winden geschützt. Ausserdem befinden sich dort heisse Quellen, in denen man wunderbar baden kann.

Ab in den Süden

Frühmorgens machen wir die Leinen los. Unter Motor legen wir die ersten Seemeilen gegen den Wind zurück. In der Nähe der Insel Fleves vor der Halbinsel Attika hat Äolus ein Einsehen. Der Wind dreht leicht, sodass wir die Segel hissen und hart am Wind das Ziel anpeilen können. Die Kinder werden langsam seefest, sie haben sich an die Schaukelbewegungen gewöhnt und beobachten gebannt die riesigen Frachtschiffe, die in einer Einerkolonne von Piräus nach Izmir in der Türkei fahren. Gegen Mittag erreichen wir das Kap Sounion am südlichsten Punkt der Region Attika, über dem majestätisch der Poseidon-Tempel thront. Wenig später taucht die Insel Kea vor unserem Bug auf. Sie markiert den Anfang der vielbesungenen Kykladen. Ihre wüstenähnliche Landschaft, die schroffen Berge und steilen Klippen geben uns einen Vorgeschmack auf die weitere Reise. Kurz vor 16 Uhr versperrt uns Kythnos den Weg. Fasziniert bestaunen wir den aus der Zeit gefallenen Ort, lassen das Beiboot zu Wasser und erkunden die Umgebung der Bucht. Im Sommer muss sie komplett überfüllt sein, aber jetzt liegen nur gerade sechs Boote vor Anker. Die Insel ist wie ausgestorben, das Leben hier scheint sich auf zwei Häuser und ein schönes Restaurant mit Bar zu beschränken. Unbeschwert gönnen wir uns den ersten kykladischen Aperitif. Unser ältester Sohn freundet sich mit einem gleichaltrigen griechischen Jungen an. Die unterschiedliche Sprache ist kein Hindernis, wenn man die universelle Sprache der Kinder spricht. Es ist so schön hier, dass wir am liebsten die ganze Woche bleiben würden. Uns erwarten aber noch viele weitere Schätze, weshalb wir dann doch aufbrechen.

DIE SUNSAIO 46.1 BIETET ALLEN ERDENKLICHEN KOMFORT UND IST FÜR FAMILIENTÖRNS WIE GEMACHT.

Syros, die Hauptinsel

Die Reise geht weiter zur Insel Syros, der Hauptinsel der Kykladen. Sie erlebte im 19. Jahrhundert einen starken kommerziellen und kulturellen Aufschwung. In ihrer Hauptstadt Ermopoulis entstand in jener Zeit nicht nur das erste Krankenhaus Griechenlands, sondern auch das erste Gymnasium und die erste moderne Werft. Daneben florierten die Textil- und die Stahlindustrie, die Gerberei, die Seifenherstellung sowie das Bankenund Versicherungswesen. Nach dem Zweiten Weltkrieg ging es mit der Wirtschaft dann rapide bergab. Durch den Tourismus fand die Insel Ende des 20. Jahrhunderts zu einer neuen Blütezeit. Ihre ereignisreiche Geschichte macht sie zu etwas ganz Besonderem. Ermopoulis und Finikas, wo wir anlegen, begeistern mit einer bemerkenswerten neoklassizistischen Architektur. Laut Wetterbericht zieht ein leichter Südostwind auf, der Hoffnungen auf eine Fahrt unter Segeln aufkommen lässt – vor dem Wind entlang der Küste von Kythnos und bei halbem Wind bis nach Syros. 27 Seemeilen liegen vor uns. Die Sonne scheint und es ist angenehm warm. Gemächlich segeln wir an Kythnos vorbei und bestaunen ein letztes Mal die Nordküste, deren Bergkette in regelmässigen Abständen von engen, schluchtenartigen Tälern durchbrochen wird. Die Spitze der Insel ist schnell erreicht. Von dort ist die Stadt Loutra zu sehen, der wir auf dem Rückweg einen Besuch abstatten wollen. Bei allmählich nachlassendem Wind erkennen wir in der Ferne die vom auflandigen Wind herangetragene feuchte Luft, die sich zu dickem Nebel verdichtet hat. Wie dick er ist, merken wir, als eine Fähre wie aus dem Nichts vor uns auftaucht. 20 Minuten später fahren wir direkt in die Suppe. Die Stimmung ändert sich radikal. Alle sind an Deck, tragen Rettungswesten und halten das Nebelhorn in der Hand. Aufmerksam lauschen wir dem Funk, den Blick auf die Umgebung oder das Telefon gerichtet, auf dem die AIS-Position der umliegenden Schiffe angezeigt wird. Wir befinden uns mitten auf einem von Fähren und Frachtern viel befahrenen Seeweg und sehen keine 10 Meter weit! Zwei lange Stunden später hat sich der Nebel verflüchtigt und nur 10 Seemeilen vor unserem Bug leuchtet die Insel Syros in der Sonne. Im Mittelmeerraum ist dieses durch das Aufeinandertreffen von feuchter und warmer Luft verursachte Wetterphänomen keine Seltenheit. Man sollte daher neben den üblichen Vorsichtsmassnahmen die technischen Hilfsmittel nutzen und auf Live-Satellitenbilder zurückgreifen, um die Geschwindigkeit der Wolken zu ermitteln (z. B. meteoblues oder der lokale Wetterdienst poseidon.hcmr ) sowie die Schiffe mittels AIS-Position auf mobilen Apps orten (z. B. Marine Traffic). Das Mobilfunknetz ist auch auf dem offenen Meer zwischen den Inseln hervorragend.

Gegen 15 Uhr erreichen wir den kleinen Hafen von Finika. Am Fusse weisser Häuser mit ihren typisch blauen Fensterläden fahren wir in die Bucht ein. Das Wasser ist klar und das Wetter schön warm. Morgen soll der Wind auf Nord drehen. Das wäre perfekt für unsere Fahrt nach Serifos.

IN DEN BEIDEN TIEF EINGESCHNITTENEN BUCHTEN ORMOS KOLONA UND FIKIADHA AUF KYTHNOS VERBERGEN SICH WARMWASSERQUELLEN.

Zauberhaftes Serifos

Serifos wird in Reiseführern oft als «Perle der Kykladen» bezeichnet. Die Insel ist bekannt für ihre schönen Strände und ihre mittelalterliche, gut erhaltene Hauptstadt, deren am Hang gebaute Häuser auf die Bucht von Livadi hinabblicken. Chora wurde zum Schutz vor Piraten wie ein Amphitheater auf einem Felsvorsprung errichtet und ist zweifellos eines der schönsten Dörfer der Kykladen. Kurz entschlossen mieten wir ein Auto, um die Insel und Chora zu erkunden. Links und rechts schmaler, mit Treppen durchzogener Gassen schmiegen sich die Häuser eng eineinander. So spät im Jahr sind alle Geschäfte geschlossen und die Strassen praktisch leer. Nach der Stadtbesichtigung machen wir uns an den Aufstieg zum höchsten Punkt der Insel. Eine Aussicht ist schöner als die andere. Der Höhepunkt aber folgt ganz oben, auf dem Vorplatz der Kirche Agios Konstantinos. Von dort hat man einen atemberaubenden Blick auf die Insel und das Meer. Wir fahren einmal rund um Serifos und lassen den Nachmittag dann auf dem Boot ausklingen. Zeit zu dösen, Karten zu spielen und zu angeln.

Kurioser Whirlpool in Loutra

Seit Anfang der Woche sagt der Wetterbericht für unseren fünften Reisetag 20 Knoten aus Südwest voraus. Ein idealer Zeitpunkt, um wieder nordwärts zu segeln und in drei Etappen à je 20 Seemeilen Athen anzusteuern. Mehr halten wir mit kleinen Kindern nicht für sinnvoll. Mit diesem Rhythmus können wir morgens um 9 oder 10 Uhr aufbrechen und kommen gegen 14 oder 15 Uhr an. Ausserdem haben wir so Gelegenheit, einige Inseln zu besichtigen. Unser nächstes Ziel ist Loutra im Nordosten von Kythnos, dessen Hafen gut vor Südwind geschützt ist. Bei bedecktem Himmel liefern wir uns beim Start in Serifos mit drei anderen Jachten ein kleines Freundschaftsrennen, fahren ein paar Halsen und setzen dann alle unsere Route fort. Herrlich, wie wir mit durchschnittlich neun Knoten vor dem Wind gleiten und dabei von Delfinen begleitet werden. Vier Stunden später fahren wir in die Bucht von Loutra ein, wo wir mithilfe unserer Hafennachbarn anlegen. Die spitzenähnlichen Küsten der Kykladen bergen viele Unterschlüpfe, Loutra macht da keine Ausnahme. Wenn der kleine Hafen voll ist, kann man auf zwei schöne Buchten ausweichen. Kaum haben wir die Jacht festgemacht, schlüpfen wir in unsere Badekleider und testen den natürlichen Spa von Loutra. Der kleine, von Steinen umgebene Whirlpool sammelt das warme Wasser, das bis an den Strand fliesst. Zurück beim Boot erwartet uns ein göttliches Spektakel. Die gesamte Flotte der Fahrtensegler ergötzt sich am Anblick der Katzen, die mit aufgerissenem Maul am Ufer sitzen und darauf warten, eine der Sardinen zu erwischen, die mit selbstmörderischen Sprüngen versuchen den Raubfischen zu entkommen. Wir setzen den Spätsommerabend in einem kleinen Restaurant fort, in dem wir die einzigen Gäste sind. Definitiv eine der schönsten Erinnerungen an die Reise.

Geschichtsträchtiges Sounion

Da das Ende unseres Törns naht, kehren wir ans Festland zurück, wo wir die letzte Nacht vor Anker am Kap Sounion verbringen. Die Sonne scheint und es weht ein leichter Südwestwind. Auf glitzerndem Meer lassen wir die Kykladen in unserem Kielwasser zurück. In Sounion ändert sich die Landschaft radikal. Bewachsen von einer üppigen Vegetation schmückt sich die Küste mit Rot- und Ockertönen. Unser letzter Ankerplatz ist ideal gelegen, um nach einem Bad im 25 Grad warmen Wasser den Poseidon-Tempel zu besichtigen. Das imposante Bauwerk aus dem 5. Jahrhundert v. Chr. ist sehr gut erhalten. Wir geniessen den wunderschönen Sonnenuntergang und schlafen im Schein des Vollmonds und des beleuchteten Tempels ein. Morgen geht es zurück nach Athen.

Die Reise hat bei den Kindern einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Sie haben ganz nebenbei etwas über Navigation, Geografie und antike Ge- schichte gelernt. Ausserdem hat der Törn unseren Sommer bis in den Herbst hinein verlängert. In unserem «Heimathafen» Genf ist zu dieser Zeit bereits der Winter eingetreten. Frühling und Herbst eignen sich am besten für eine Reise nach Grie- chenland. Im Sommer klettern die Temperaturen dort auf bis zu 50 Grad und die Touristenscharen sind auch nicht jedermanns Sache.

Praktische Infos

Die Sunsail-Basis

Die Sunsail-Basis von Athen befindet sich in der Marina Zea in Piräus. Dort machen Megajachten aus der ganzen Welt Halt und es ist nicht nur tagsüber, sondern auch nachts viel los. Am besten organisiert man vom Flughafen einen Transfer bis zur Marina, denn mit dem Bus oder der U-Bahn braucht man für die 45 Kilometer ziemlich lange. Sunsail bietet in Zusammenarbeit mit einem örtlichen Supermarkt einen Verproviantierungsdienst an, bei dem die Einkäufe direkt zum Boot geliefert werden. Planen Sie ein paar Tage ein, um die griechische Hauptstadt und ihre historischen Denkmäler zu besichtigen. Die Akropolis und ihr Museum sind zwar stark besucht, aber unbedingt einen Abstecher wert. So viel Geschichte an einem Ort gibt es selten.

Start in Athen

Ab Piräus bieten sich zwei Routen an: Die erste führt zu den Saronischen Inseln im Südwesten von Athen. Dieses Segelrevier ist gut vor den starken Winden geschützt und eignet sich daher bestens für ruhige Törns. Die zweite Möglichkeit sind die Kykladen. Mit ihren weiss-blauen Häusern sehen sie aus wie aus dem Reiseprospekt. Wer die zahlreichen Inseln auch wirklich geniessen will, sollte mindestens zwei Wochen einrechnen, denn je nach Witterung kann sich eine Woche als zu kurz erweisen. In den Kykladen sind sämtliche Restaurants und Geschäfte ab Ende Oktober bis im Frühling geschlossen. Die Hafengebühren für eine Nacht kosten zwischen 10 und 20 Euro.

Nützliche Websites

Sunsail für Ihre Charterjacht: sunsail.com

Navily ist ein praktisches Portal für Ankerplätze. Es wird von den Nutzenden regelmässig aktualisiert und ist sehr vollständig: navily.com

Lokale Wetterprognosen: poseidon.hcmr.gr

Die App MarineTraffic, verfügbar im App Store und im Play Store, ist sehr nützlich für die Ortung von Frachtern und Fähren. Vor Athen herrscht reger Seeverkehr und die App hilft, den eigenen Kurs vorausschauend anzupassen: marinetraffic.com

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