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The Ocean Race Europe: herzschlagfinale in Genua

von Jean-Guy Python

Das Ocean Race Europe wurde als kleiner Ableger des Ocean Race ins Leben gerufen. An dieser Aufwärmrunde zur grossen Weltumsegelung, die von Lorient (FRA) über Cascais (POR) und Alicante (ESP) nach Genua (ITA) führte, haben Ende Mai zwölf Boote aus zwei Klassen die Segel gesetzt: die One-Design VO65 und die foilenden IMOCA-Prototypen. Bei den IMOCA siegte Offshore Team Germany, bei den VO35 der Franzose Yoann Richomme mit Mirpuri Foundation Racing Team. Die Genferin Justine Mettraux belegte mit 11th Hour Racing den 2. Platz.

Text: Jean-Guy Python

Es war bis zum Schluss unglaublich eng. Nach drei Etappen lagen die Teams so dicht beieinander, dass noch fast alles möglich war. Die Entscheidung um den Sieg an dieser Weltpremiere musste in der finalen Küstenregatta in Genua fallen. Nervös traten die zwölf international besetzten Teams zum letzten Inshore-Rennen der dreiwöchigen Regatta an. Bei 7 bis 10 Knoten Südwestwind zeigten sie hochklassiges Segelkino. In der IMOCA-Klasse sicherte sich nach einem Bug-an-Bug-Rennen das Offshore Team Germany den 1. Platz. Sein Sieg stand erst auf der Ziellinie fest! Eindeutiger war der Ausgang bei den VO65. Dort gewann Murpuri Foundation Racing Team aus Portugal souverän.

Nach dem start in Portugal preschten die IMOCA 60 bei viel wind auf ihren foils vorwärts.

Flauten-Duelle

Kurz vor dem Start zu diesem ersten Ocean Race Europe antwortete Pascal Bidégorry auf die Frage, wie er das Kräfteverhältnis zwischen den beiden Klassen einschätze: «Bei bestimmten Kursen, zum Beispiel bei halbem Wind, können die IMOCA sehr schnell sein, bei wenig Wind dürften wiederum die VO65 überlegen sein.»
An der ersten Etappe von Lorient nach Cascais waren die VO65 daher auch eher im Vorteil, denn Wind wollte nie so recht aufkommen. Als noch schlimmer erwies sich die dritte Etappe von Alicante nach Genua. Auf dem Mittelmeer brach ein «echter Flautensturm» über der Flotte aus. In der brütenden Hitze wurde das Rennen für die foilenden Hightech-Geschosse zur Schachpartie.


Doch fangen wir von vorne an. Als die zwölf Teams am 29. Mai an der französischen Atlantikküste vor der Insel Groix in See stachen, wurden sie auf einem spiegelglatten Meer von schwachen 5 bis 8 Knoten angeschoben. Wenig überraschend gingen die VO65 bei diesen Bedingungen bereits hinter der Pointe de PenMen in Führung. Das mit neuen Segeln ausgestattete Mirpuri Foundation Team unter dem Kommando des Franzosen Yoann Richomme setzte sich rasch an die Spitze der Klassenflotte und konnte von dort auch nicht mehr verdrängt werden.
Im Ziel schwärmte der strahlende Sieger: «The Ocean Race Europe ist ein super Konzept. Es sollte jedes Jahr stattfinden und einen Monat rund um Europa führen. Ein besseres Format gibt es nicht. Ein Rennen, das die europäischen Länder miteinander verbindet, macht wirklich Sinn.» Am Tag nach dem Start zur zweiten Etappe im portugiesischen Cascais war dann endlich Schluss mit dem Leichtwindpoker. In der Strasse von Gibraltar segelten die zwölf Boote bei stürmischen Bedingungen am Wind. Drei lange Stunden mussten sich die Teams durch die bis zu 40 Knoten starken Böen beissen. Nicht alle Schiffe überstanden den Höllenritt unbeschadet, auf einigen ging Material kaputt.

Mariana Lobato, crewmitglied im mirpuri foundation racing team, mit Yoann Richomme

Mit einer Bootslänge zum Sieg

Der Klassensieg bei den IMOCA wurde beim Finale in Genua auf den letzten Metern in einem Fotofinish zwischen Offshore Team Germany mit Skipper Robert Stanjek und LinkedOut mit Thomas Ruyant entschieden. Auf den beiden ersten Schlägen des Dreieckskurses führte das deutsche Boot, patzte dann aber an der zweiten Streckenmarke und wurde vom amerikanischen 11th Hour Racing Team überholt. Kurz vor der erlösenden Zieleinfahrt schoss LinkedOut mit viel Speed von hinten auf die Deutschen zu. Die letzten Sekunden wurden zur Zitterpartie. Mit einer knappen Bootslänge Vorsprung reichte es Robert Stanjek dann doch noch für den 2. Platz, der Offshore Team Germany in der Endabrechnung des Ocean Race Europe den Sieg sicherte.

Die Schweizerin Justine Mettraux, die an der Seite von Pascal Bidégorry, Charlie Enright und Simon Fisher im Team der 11th Hour Racing segelte, klassierte sich auf Rang 2. Sie zog eine sehr positive Bilanz ihrer ersten grossen internationalen Regatta auf IMOCA-Booten. Mit einem Sieg am letzten Inshore-Rennen und dem zweiten Gesamtrang ist ihr das Comeback auf internationalem Topniveau bestens gelungen. Sie hat zudem im Hinblick auf die Vendée Globe 2024/25 wertvolle Erfahrungen auf den Open 60’ gewonnen. «Wir hatten sehr unterschiedliche Bedingungen, die wir genutzt haben, um verschiedene Konfigurationen auszuprobieren und effizienter zu werden. Wir haben uns sehr gut verstanden und sind wirklich ein tolles Team», sagte die Genferin. Auch das Rennen entlockte ihr begeisterte Worte: «Es war sehr eng und oft kam die Flotte nach harten Positionskämpfen geschlossen ins Ziel.» Grosses Segelkino eben!

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