Nach drei Jahren im Zentralvorstand von Swiss Sailing wurde Marc Oliver Knöpfel im November 2020 zum Präsidenten des Schweizer Segelverbands ernannt. Ende März 2021, nur wenige Monate nach seiner Wahl, gab er sein Amt auf und trat die Nachfolge von Jean-Claude Ray als Geschäftsführer an. Er hat mit Skippers darüber gesprochen, wie er die Zukunft des Verbands sieht.

Interview : Quentin Mayerat

Sie haben das Präsidentenamt mitten in der Pandemie angetreten. Wie hat das Ihr Wirken beeinflusst?
Wir haben vor allem gelernt, mit neuen Kommunikationsmitteln umzugehen. Der Vorteil: Der Zentralvorstand wurde viel agiler und schneller in der Beschlussfassung. Durch die Pandemie ist Swiss Sailing in der internen Zusammenarbeit einen grossen Schritt dynamischer und moderner geworden. Darauf wollen wir auch in Zukunft nicht mehr verzichten.

Einige Clubs durchleben eine schwierige Zeit. Sie haben weniger Mitgliederbeiträge eingenommen als in den Vorjahren.
Die Situation ist unterschiedlich. Nehmen wir zum Beispiel den Segel-Club Enge. Er hat einen regelrechten Mitgliederboom erlebt. Dem Verein sind extrem viele Junge beigetreten. Auf der anderen Seite hatten einige grosse Clubs, vor allem solche mit einem Clubhaus oder einem Restaurant, Mühe ihre Konten auszugleichen. Wir haben von Swiss Olympic 1,1 Millionen Franken erhalten, um den Clubs in dieser Krisensituation unter die Arme zu greifen, und konnten damit 95 Prozent ihrer Unterstützungsgesuche gutheissen.

Wie beurteilen Sie die Leistungsbilanz Ihres Vorgängers Martin Vogel und des Zentralvorstands, dem auch Sie angehört haben?
Im Zentralvorstand hat sich vor allem die Kommunikation geändert. Wir gehen freundschaftlicher miteinander um und sind offener für Anliegen und Vorschläge aus den anderen Sprachregionen. Wir versuchen, die Ideen zu bündeln und gemeinsam zu bestimmen, wie wir am besten vorgehen. Dass die Mitglieder des Zentralvorstands überwiegend aus der Deutschschweiz stammen, war und ist nicht sehr förderlich. Wir sind auf die Erfahrung, das Wissen und die seglerische Leidenschaft der Romands angewiesen. Durch den Austritt von Martin Vogler und Olivier Baudet sind im Zentralvorstand zwei Sitze vakant. Das eröffnet den Westschweizern die Chance mitzuwirken und ist auch ganz im Sinne unseres neuen Verbandsslogans «Sailing Nation Switzerland ». Wir wollen Brücken bauen und den Röstigraben schliessen.

«Swiss Sailing, das sind alle
Hobby- und Regattasegler,
Windsurfer und Kiter
in diesem Land. Wir alle
sind Swiss Sailing.»

Sie wurden an der Generalversammlung vom 14. November 2020 zum Präsidenten ernannt, sind aber nur knapp sechs Monate im Amt geblieben. Wie erklären Sie das der Segelgemeinschaft?
Als Martin Vogler vor vier Jahren die Präsidentschaft übernahm, waren wir froh, dass jemand bereit war, dieses Amt anzutreten und wir uns hinter ihn stellen konnten. Nach seinem Rücktritt gaben mir viele Clubs und Klassen zu verstehen, dass ich an der Reihe sei, mich zu engagieren. Das habe ich getan. Drei Wochen nach meiner Wahl zum Präsidenten teilte mir Jean-Claude Ray mit, dass er vom EDA ein Stellenangebot erhalten habe. Für unseren Verband war das natürlich eine schlechte Nachricht, wir haben seine Wahl aber respektiert und danken Jean-Claude für all die Jahre, in denen er sich für Swiss Sailing eingesetzt hat. Nach reiflicher Überlegung bin ich zum Schluss gekommen, dass das Amt des Geschäftsführers meinem Profil entsprechen könnte. Es würde mir erlauben, mich zu 100 Prozent für den Verband zu engagieren, zumal ich mit der Doppelbelastung – meiner Erwerbstätigkeit und dem ehrenamtlichen Präsidentenamt – langsam an meine Grenzen stiess. Also reichte ich meine Kandidatur ein. Natürlich habe ich mich sofort aus der Jury zurückgezogen, die die Bewerbungsgespräche führte, und erhielt ab sofort keine Informationen mehr. Der Zentralvorstand hat schliesslich beschlossen, mir sein Vertrauen auszusprechen. Ich sehe mein neues Amt als Chance, mein Engagement für den Segelsport auf ein neues Level zu heben und meine Faszination fürs Segeln in einem beruflichen Umfeld auszuleben. Damit ist ein Traum in Erfüllung gegangen.

Juerg Kaufmann

Als Geschäftsführer werden Sie die Verbandsstruktur und die Zukunft von Swiss Sailing beeinflussen. Wie sieht Ihre Strategie aus und welche Prioritäten werden Sie setzen?
Zunächst einmal müssen wir unsere Errungenschaften konsolidieren. Wir versuchen seit 2017, den Verband effizienter zu gestalten und müssen in dieser Richtung weitermachen. Jeder Franken, den wir für unseren Betriebsaufwand ausgeben, soll unseren Mitgliedern möglichst viel bringen. Wir müssen unsere Kunden verstärkt in den Fokus rücken. Unsere Kunden sind unsere Mitglieder, das heisst die Clubs und Klassen; ihnen müssen wir dienen.


Wie wird Swiss Sailing Ihrer Meinung nach in den Clubs wahrgenommen?
Ich würde sagen, das Image von Swiss Sailing hat sich deutlich verbessert. Früher wurde der Verband als elitär wahrgenommen. Im Zentralvorstand sassen vor allem Männer über 60 Jahre mit Anzug und Krawatte. Ein Amt im Zentralvorstand galt als Ehre und weniger als ehrenamtlicher Auftrag. Dann wachten die Clubs auf und verlangten Rechenschaft: «Wir zahlen 60 Franken pro Jahr und Mitglied, aber was tun Sie für uns? Tun Sie überhaupt irgendwas?» Ich denke, der Zentralvorstand, der 2017 das Ruder übernommen hat, konnte dieses Image ändern. Wir müssen uns bewusst sein, dass Swiss Sailing nicht gleich Vorstand ist. Swiss Sailing, das sind alle Hobby- und Regattasegler, Windsurfer und Kiter in diesem Land. Wir alle sind Swiss Sailing. Das wollen wir mit dem Slogan «Sailing Nation Switzerland» zum Ausdruck bringen.

Welche Zukunft hat der Segelsport Ihrer Meinung nach in der Schweiz? Und wo sehen Sie Swiss Sailing in zehn Jahren?
Was wir verbessern müssen, ist die effiziente Integration von Bootsharing-Strukturen wie Sailbox oder Sailcom in unser System. Angesichts des akuten Mangels an Bootsplätzen können wir mit solchen Initiativen das Interesse für unseren Sport wecken und möglichst vielen Interessierten die Möglichkeit zum Segeln bieten. Dadurch vergrössert sich logischerweise die Zahl der aktiven Segler, die sich anschliessend den Clubs anschliessen können. Ein weiterer verbesserungswürdiger Aspekt ist unser Engagement in den Boardsport. Windsurfen ist bei Swiss Sailing relativ gut integriert, aber fürs Kitesurfen wurde bisher nichts getan. Es gibt mehrere Tausend potenzielle Mitglieder, denen wir keinerlei Leistungen anbieten. Beide Welten zu vereinen stellt uns vor grosse Herausforderungen und wird Zeit brauchen, aber ich hoffe, dass wir in zehn Jahren soweit sind.

Juerg Kaufmann