Vor 30 Jahren lancierte die französische Werft Jeanneau die Prestige 41, mit der sie sich aufmachte, den Markt exklusiver Motorjachten zu erobern. Die Wette war nicht von vorneherein gewonnen, entwickelte sich aber nach einigen Rückschlägen zum Triumph.

Text: Dominique Salandre

Ende der Achtzigerjahre gehörte Erfolg zum neuen Lebensgefühl, schöne Autos und Boote hatten Hochkonjunktur. Die Jachtbranche profitierte von der euphorischen Stimmung und der Lust auf Luxus, so auch Jeanneau, die einen Verkaufsschlager nach dem anderen landete. Bestärkt durch den guten Geschäftsgang begann die Werft, ihr Angebot nach oben zu erweitern. Grösser und luxuriöser hiess das Motto, mit dem Jeanneau neue Märkte erschliessen wollte.

1989: die erste Prestige

Da Jeanneau über keinerlei Erfahrung im Luxussegment verfügte, wandte sich die Werft an den italienischen Designer Vittorio Garroni. 1989 präsentierte sie dank seiner fachkundigen Unterstützung stolz die Prestige 41 Open. Mit ihren scharfen Linien und dem sportlichen Aussehen mit weit nach hinten versetztem Steuerstand und einem Bügel traf die Jacht genau den Nerv der Zeit. Fachleute und Laien waren begeistert, die Prestige 41 fand reissenden Absatz. Um sich im Bereich der Motorjachten definitiv zu etablieren, schloss Jeanneau zur allgemeinen Überraschung eine Partnerschaft mit der italienischen Werft Ferretti, mit der zusammen sie die Marke Yarding Yacht lancierte. Dank diesem Bündnis konnte das Produktionstempo erhöht und innerhalb nur eines Jahres eine komplette Modellreihe von 27 bis 45 Fuss herausgebracht werden. Das moderne Design lehnte sich klar an die damaligen italienischen Produktionen an, gebaut wurden die Jachten aber in der französischen Vendée. 1992 stoppte die Wirtschaftskrise die Ambitionen des Herstellers jäh. Die Produktion wurde zwar nicht eingestellt, lief jedoch auf Sparflamme. Vor allem aber wurde die Weiterentwicklung des Angebots eingefroren.

DIE PRESTIGE 630 S STEHT STELLVERTRETEND FÜR DIE NEUSTE GENERATION DER «SPORT LINE» – EIN CRUISER MIT GELUNGENEM RAUMKONZEPT, RIESIGEN GLASFLÄCHEN, EINEM SCHIEBEDACH UND EINER FLYBDRIGE.

1997: ein neuer Start

Mit der Anstellung von Jean-François de Prémorel im Jahr 1997 verzogen sich die dunklen Wolken. Der Visionär erkannte die Zeichen der Zeit. Er beschloss, die Serie unter der Flagge von Jeanneau neu zu lancieren und das Konzept umzukrempeln, um die Prestige gezielt den neuen Ansprüchen anzupassen. 1999 präsentierte die Werft die Prestige 36 Flybridge, eine Motorjacht mit modernen Linien und Statuscharakter. Der sportliche Look der alten Modelle wich einem in erster Linie auf Komfort ausgerichteten Design mit grosser Flybridge, einem stufenlosen Steuerhaus und einer komplett überarbeiteten Innengestaltung. Um die Marke im Luxussegment zu positionieren, wurde die Raumaufteilung optimiert, die Deko veredelt und die Ausstattung verbessert. Das Sortiment wurde fortlaufend erweitert: 2001 kam die 32, 2004 die 46, 2006 die 42 und 2007 die 30 und die 30 S hinzu.

2009: Prestige wird zur Marke

Zum 20. Jubiläum im Jahr 2009 hatte Prestige bereits 2500 Exemplare verkauft – so viel wie kaum ein anderer Hersteller in dieser Kategorie. Da sich Prestige-Jachten deutlich von den anderen Baureihen der Werft abhoben und die Sparte finanziell auf guten Beinen stand, beschloss der damalige CEO von Jeanneau Jean-Paul Chapeleau, Prestige in die Unabhängigkeit zu entlassen und sie zu einer eigenständigen Marke zu machen. Parallel zu diesem wichtigen Schritt wurde die bisher grösste Jeanneau- Motorjacht, die Prestige 60, lanciert. Sie läutete eine stilistische Wende
ein, wie Jean-Paul Chapeleau bei der Präsentation erklärte:

«Prestige wird elegant sein wie ein Italiener, seefest wie ein französischer Offshore-Star und bewohnbarer als jede andere Motorjacht ihrer Kategorie.» Mit der Änderung der Modellbezeichnungen untermauerte Prestige die Neuausrichtung. 2010 kam die Prestige 500 auf den Markt. Ihr Inneres war offen gestaltet mit einer Küche im Heck, direkten Wegen zwischen Innen- und Aussenbereichen, einem separaten Niedergang zur Eignerkabine und einer Verglasung, wie man es in dieser Grosszügigkeit zuvor
noch nie gesehen hatte. Das Vorschiff mit riesigem Sonnendeck war

als weiterer Lebensraum konzipiert. Presse, Jurys und Kunden auf der ganzen Welt äusserten sich begeistert. Mit unglaublichen 450 Einheiten wurde die Prestige 500 zur meistverkauften Jacht in ihrem Segment. Mit diesem Bestseller konnte Prestige auch auf weit entfernte Märkte erschliessen. In den USA gehörte Prestige schon nach drei Jahren zu den drei führenden Herstellern von Schnellboten von 40 bis 60 Fuss.

2012: Fokus auf Grossformate

Im Oktober 2013 folgte ein weiterer Meilenstein. Prestige präsentierte die 750, ein Gemeinschaftswerk von Jean-François de Prémorel und Vittorio Garonni. Die imposante, freche Jacht mit durchgezogener Linie vom Bug bis hinter die Flybridge und den grossen Fenstern im oberen Rumpfbereich setzte neue Massstäbe. Ihr hochmodernes Interieur wirkte nicht steril, sondern dank des unverkennbaren «French Touch» äusserst einladend. Bei der Präsentation am Cannes Yachting Festival gewann das Boot zwei Auszeichnungen, die seine Legitimität im Segment der Luxusjachten bestätigten. 2016 fertigte Prestige nach dem gleichen Rezept die 680 und landete damit einen weiteren Coup. Prestige hat sich in dreissig Jahren nicht nur unter den Weltmarktführern etabliert, sondern mit mehr als 3500 verkauften Motorjachten auch gezeigt, dass Industrielle Mut zu Stil und Luxus zeigen können. Prestige ist vor allem eine Geschichte von passionierten und talentierten Menschen, die gemeinsam die Schwergewichte des Sektors wachgerüttelt und im Bereich der Motorjachten neue Wege aufgezeigt haben.

DIE PRESTIGE-BOOTE SIND WELTWEIT ÄUSSERST BELIEBT. MIT DER 500 S LÄUTETE DIE WERFT EINE WENDE EIN UND VERSCHAFFTE SICH ZUGANG ZUM INTERNATIONALEN MARKT.